Sprachrichtung  

Info zur Tschechischen Sprache

Klassifikation und Verwendung

Die tschechische Sprache ist eine westslawische Sprache (neben Polnisch, Slowakisch, Niedersorbisch, Obersorbisch und Kaschubisch) und ist ein Zweig der indogermanischen Sprachen.

Wichtig ist zu wissen, dass es einerseits die Schriftsprache und andererseits die Umgangssprache des Tschechischen gibt, die je nach Situation angewandt werden sollte. Die Schriftsprache wird in der Schule, in der Presse, im Rundfunk, im Fernsehen, in Ansprachen, auf Kongressen, in Behörden und anderen offiziellen Anlässen oder wichtigen Situationen (z.B. Bewerbungsgespräch) verwendet. Die Umgangssprache wird vornehmlich in der täglichen Kommunikation mit Freunden, beim Einkaufen, beim Telefonieren mit vertrauten Personen oder auch beim Chatten und Emailschreiben angewandt. Wird statt der Umgangssprache unpassend die Schriftsprache verwendet, gilt man schnell als arrogant oder man wird als Nicht-Muttersprachler entlarvt, selbst wenn man akzentfrei Tschechisch spricht. Wird umgekehrt die Umgangssprache statt der Schriftsprache verwendet, wird man entweder für ungebildet oder für unhöflich gehalten.

Die Umgangssprache ist nicht zu verwechseln mit Dialekt. Jede Region hat natürlich ihre spezifische Mundart oder Regionalsprache; die Umgangssprache dient im Grunde, vor allem in Böhmen, als "Interdialekt".

Besondere Merkmale der tschechischen Sprache

Zu den typischen Merkmalen des Tschechischen gehören die ausschließliche Betonung auf der ersten Silbe eines Wortes und die bedeutungsunterscheidende Länge der Vokale.

Das tschechische Alphabet beinhaltet zusätzlich zum Deutschen Alphabet noch die Buchstaben š, č, ž, t', d', á, é, í, ó, ů, ú, ě, sowie den Konsonanten ř, den es sonst nur noch im Obersorbischen gibt.

In der neutralen Äußerung der Schriftsprache werden keine Artikel oder Personalpronomen verwendet. Für die Umgangssprache gilt allerdings das Gegenteil.

Im Unterschied zum Deutschen weist das Tschechisch nur eine Vergangenheitsform auf und weist die grammatische Funktion Aspekt (Perfekt, Imperfekt) auf.

Die Diminutive sind im Tschechischen weit verbreitet (ähnlich Diminutive im argentischen Spanisch), so dass die tschechische Sprache von anderen slawischen Ländern als Kindersprache belächelt wird.

Das tschechische Negationspartikel ne (dt. nicht) "klebt" im Tschechischen direkt vor dem jeweiligen Verb: nevidět (dt. nicht sehen).

Die tschechischen Nomen werden im Gegensatz zum Deutschen klein geschrieben, es sei denn es handelt sich um Eigennamen oder Abkürzungen.

Die Aussprache der tschechischen Wörter ist trivial, die Wörter werden so gesprochen, wie sie geschrieben werden. Ein Problem für deutsche Sprecher stellt manchmal die Anhäufung von Konsonanten in einem Ausdruck oder in einem Satz dar, wie z.B. im Zungenbrecher Strč prst skrz krk (dt. Steck' den Finger durch den Hals.). In unserem Shop können Sie ein T-Shirt mit diesem Aufdruck bestellen.

Tschechische vs. deutsche Morphologie

Tschechisch weist ein deutlich komplexeres Morphologie-System als Deutsch auf. Tschechisch hat die komplizierteste Morphologie aller heute bekannten flektierenden Sprachen.

Das Tschechische unterscheidet bei der Deklination unzähliger Klassen von Nomen, Adjektiven, Pronomen, Zahlen und Artikeln im Gegensatz zum Deutschen sieben Kasus (Fälle): Nominativ, Genitiv, Dativ, Akkusativ, Vokativ, Lokativ und Instrumental.

Tschechische vs. deutsche Syntax

Die Wortstellung im Tschechischen ist freier als im Deutschen. Bedingt ist dies vor allem durch die feste Spannstellung im Deutschen, wie im Nebensatz

dass er nach Hause ging.

Das Verb, in diesem Beispiel ging, steht in einem deutschen Nebensatz an der letzten Position. Im Tschechischen kann man dagegen sowohl že šel domů, als auch že domů šel sagen.

Um die Bedeutung der ersten - neutralen Stellung - des tschechischen Beispiels im Deutschen auszudrücken, wird im Deutschen zur Hervorhebung der neuen Information nach Hause betont: dass er nach Hause ging.

Das zweite tschechische Beispiel entspricht, was die Wortstellung betrifft, der deutschen Wortstellung: dass er nach Hause ging.

Germanismen im tschechischen Wortschatz

Nach Latein bzw. Kirchenslawisch setzt sich im 14. Jahrhundert Tschechisch zur Literatur- und Amtssprache in Böhmen und Mähren durch. Durch die relativ frühe Verschriftlichung des Tschechischen, wodurch sich Tschechisch langsamer wandelt als andere nicht kodierte slawische Sprachen, wird der heutige tschechische Wortschatz von Sprechern anderer slawischer Sprachen als archaisch empfunden. Z.B. das tschechische Wort krásný (dt.schön) hat im Russischen mittlerweile die Bedeutung rot angenommen. Kurios ist, dass einige tschechische Wörter, z.B. vonět (dt. duften) mit der Zeit z.B. im Russischen und im Polnischen die gegenteilige Bedeutung erworben haben (stinken).

Um 1300 n.Chr. wurden deutsche Handwerker und Gelehrte nach Tschechien eingeladen, um sich niederzulassen. Die Sprache der Gäste wurde in Tschechien ab 1627 neben Tschechisch die zweite Amtssprache. Man bemühte sich aus praktischen Gründen ab Mitte des 17. Jhdt. Deutsch als die alleinige Landessprache einzuführen (gleichzeitig wurde damit das Tschechische zur "Bauernsprache" degradiert), aber das Bemühen war unrealistisch, da noch sehr viele Leute Tschechisch sprachen. Im Rahmen der Tschechischen Nationalen Wiedergeburt (ab Beginn des 19. Jhdt.), unter die auch die Wiedergeburt der zurückgedrängten tschechischen Sprache fällt, wurden viele Kunstwörter in die tschechische Sprache eingeführt, um sich von der deutschen Sprache abzugrenzen. Prominentes Beispiel sind die Monatsnamen. Statt der gängigen lateinischen Bezeichnungen Januar, Februar, März, etc., wie sie noch im Slowakischen und im Russischen üblich sind, wurden die Monatsbezeichnungen durch neu erfundene ersetzt (s. unser deutsch-tschechisches Kontext-Wörterbuch oben auf der Seite). Dennoch sind Hunderte deutsche Wörter, Germanismen genannt, meist in etwas veränderter Form, in der tschechischen Sprache zu Hause. Beispiele: klika (Glück), roubíř (Räuber).

Heute ist die einzige Amtssprache Tschechiens nur Tschechisch. Wenn Sie kein Tschechisch können, können Sie versuchen, sich mit der älteren Bevölkerung auf Deutsch zu verständigen. Mit jüngeren Leuten kommen Sie eher mit Englisch ins Gespräch.